Wenn man das altehrwürdige Treppenhaus des Ostflügels im Ballyweg in den zweiten Stock nach oben geht, scheint es so, als ob die Treppen mit jedem Knarzen und Quietschen ihre Geschichten erzählen wollten. Für viele Ereignisse waren diese Treppen die Kulisse. Sie sind die tagtäglichen Zeuginnen des Arbeitsalltags: Menschen sind auf ihnen jeden Morgen langsam nach oben gegangen, in den Pausen wieder nach unten und zur Beendigung der Schicht wieder nach oben, bis auf ihnen wieder der Heimweg angetreten wurde. Jeder dieser Menschen trägt seine eigene VITA-Geschichte täglich treppauf und treppab.
Gertrud Beeskow feiert 50 Jahre bei der VITA
„Ich habe das Gefühl, dass ich noch gar nicht so lange da bin“
Eine ganz besonders lange und erfolgreiche hat Gertrud Beeskow bereits hinter sich. Wie oft sie wohl in ihren 50 Jahren als VITA-Mitarbeiterin diese Treppen hinaufgestiegen ist? Gertrud Beeskow ist eine zierliche, sportliche Frau mit einem kräftigen Händedruck. Wenn man sie in ihrem weißen VITA-Kittel sieht, gewinnt man schnell den Eindruck, dass sie gerne hier ist. Ihre Augen funkeln auch nach 50 Jahren immer noch voller Tatendrang, genauso wie auf dem Foto zu ihrem 10-jährigen Jubiläum, als sie bei der Feier den Blumenstrauß von Konsul Dr. Herbert Rauter entgegennahm.
Als Schulkind zur VITA
Angefangen hatte alles 1968, als die Fünfzehnjährige ihre Ausbildung zur Hauswirtschaftlerin begann. Sie wurde auf einem Bauernhof in Hochsal groß. Von dort ging es morgens mit dem einzigen Postbus nach Laufenburg und mit dem Zug weiter nach Bad Säckingen. „Wenn ich den Postbus verpasst habe, musste ich zu Fuß nach Laufenburg“, erzählt Beeskow von ihrem für heutige Zeiten abenteuerlichen Arbeitsweg. Den Vormittag verbrachte sie dann für ihre theoretische Ausbildung in der Bad Säckinger Hauswirtschaftsschule, den Nachmittag für den praktischen Teil in der VITA Zahnfabrik. „Das Sitzen war anfangs sehr schwer für mich. Das hat gebraucht, bis ich mich damit angefreundet habe. Ich war ja die Feldarbeit gewöhnt“, erinnert sich Beeskow an die erste Zeit.
Generell ging es damals während der Arbeit wesentlich strenger zu. Die Fingernägel mussten kurz sein und die Haare zusammengebunden werden, damit man sehen konnte, ob man miteinander sprach. „Das war für mich als junge Frau mit einem gewissen Drang zum Reden wirklich schwierig“, erinnert sich Beeskow und schmunzelt, während sie sich in die alten Zeiten zurückdenkt. In ihrer Anfangszeit bei VITA arbeitete sie in der Keramikzahnherstellung. Die Rohlinge wurden damals noch handbemalt und mussten für den Brennvorgang auf Schamottplatten aufgesetzt werden. Nach der Arbeit ging es wieder mit dem Zug und dem einzigen Postbus zurück nach Hochsal. 68 Pfennig Grundlohn pro Stunde verdiente Beeskow in diesen ersten Arbeitsjahren.
„Das muss gemacht werden. So muss es sein!“
Nach der erfolgreichen dreijährigen Ausbildung wurde Beeskow bei der VITA Zahnfabrik angestellt. Sie begann ihre Karriere in der Fertigstellung und im Sortierbereich der Konfektionszähne und stieg aufgrund ihres herausragenden Engagements schon bald zur Gruppenleiterin auf. Von da an koordinierte sie die Arbeitskraft von sieben Kolleginnen. Seit 2004 hat sie die Leitung Endkontrolle inne und sorgt damit jeden Tag für die gewohnte Spitzenqualität bei den VITA-Zahngarnituren. Zusätzlich ist sie dabei auch für bis zu 30 Mitarbeiterinnen disziplinarisch verantwortlich. „Ich gehe gerne zur Arbeit. Ich habe einen hohen Ehrgeiz, zusammen mit dem Team die Stückzahlen des Produktionsplans zu erreichen. Das ist abwechslungsreich, jeden Tag eine Herausforderung und geht nur mit vereinten Kräften“, beschreibt Beeskow den Reiz ihrer Tätigkeit. Gerade den Umgang mit 14 verschiedenen Nationalitäten findet sie dabei oft sehr spannend. Das positive Denken ist für sie ein Geheimnis ihres Erfolgs. Denn der Arbeitsalltag ist so leichter zu bewältigen.
Zeitzeugin: von der Manufaktur bis zur Roboterfertigung
Die VITA ist im Laufe ihres Arbeitslebens immer moderner geworden. Früher war noch wirklich alles handgemacht, eine Manufaktur. Heute ist die VITA eine Produktionsstätte. Vieles wurde mit Maschinen und Robotern automatisiert. Die Digitalisierung hat Einzug gehalten. Computer unterstützen und überwachen die Prozesse. „Diese Veränderungen machen Freude. Man sieht, wie man selbst mit allem wächst. Da gibt es keinen Stillstand. Das hält ein Unternehmen gesund und die Mitarbeiter jung und fit. Und VITA heißt ja Leben!“, berichtet Beeskow enthusiastisch von den Neuerungen, auf die sie und ihre Kolleginnen sich in fünf Jahrzehnten immer wieder einstellen mussten. Und da ist es wieder, dieses Funkeln in den Augen. Mehr als die Hälfte der VITA-Firmengeschichte war es da, ist nie erloschen und hat damit Anteil an der positiven Entwicklung des Unternehmens in der Dentalwelt.
„Ich begreife nicht, dass in drei Monaten schon Schluss ist!“
Jeden Morgen hat ihr Wecker um 4:30 Uhr geklingelt. Dass das jetzt bald nicht mehr so sein soll, ist für Beeskow kaum vorstellbar: „Nicht mehr morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, das wird sicher eine Umstellung. Aber ich habe eine innere Uhr und werde wahrscheinlich sowieso von alleine wach.“ In ihrem (Un-) Ruhestand freut sie sich auf Wandertouren und den Sport, mit dem sie auch während ihres Arbeitslebens immer wieder für Ausgleich sorgte. Sie freut sich darauf, den Norden Deutschlands und Berlin, die Geburtsstadt ihres Mannes, zu entdecken. Aber Eines hat sie sich zuerst noch fest vorgenommen: „Ich werde bis zur Rente voll arbeiten. Ganz oder gar nicht!“ Dann wenn es soweit ist, wird sie ihre Sachen packen und die hölzernen Treppen des Ostflügels werden auf ihrem Weg in den verdienten Ruhestand ein letztes Mal quietschen und knarzen, als Zeuginnen einer über 50-jährigen VITA-Erfolgsgeschichte.
Danke Frau Beeskow und alles Gute!